Millionen betroffen
Haarausfall

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Mit einer Haarverpflanzung können die Folgen von Haarausfall schnell korrigiert werden. Techniken wie die FUE haben große Fortschritte gebracht. Eine gute Planung ist entscheidend.

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Schadensersatz und Schmerzensgeld bei übermäßiger Narbenbildung durch FUT

Nicht gerade selten kommt es vor, dass Haartransplantationen aus Sicht des behandelten Patienten „schief gegangen sind“. Der Klassiker hierbei sind wohl Breitnarbenbildung u./oder zu lange Narbe am Hinterkopf, schlechte Narbenbildung überhaupt wie auch schlecht „designte“, unnatürlich wirkende Haarlinie oder ungenügende Dichte usw.

Die wohl enorme Zahl der Korrektur-Operationen spricht hier für sich. Für den Patienten sind gerade die Korrektur-Operationen, die im medizinrechtlichen Jargon Revisions-Operationen genannt werden, zudem deutlich teurer als der fehlgeschlagene Ersteingriff selbst überhaupt.

Für Narbenkorrektur(en) am Hinterkopf mittels FUE-Behandlung u./o. Tricho (Trichophytic-Closure-Technik auch Durchwachstechnik genannt)   und „Umstylen“ der vorderen Haarlinie für ein natürlich-ästhetisches Ergebnis durch den die Korrektur-OP durchführenden Haarchirurgen kommen allein an Behandlungskosten regelmäßig Beträge von deutlich über 10.000,00 EUR zusammen.

Dieses Geld fehlt häufig auf Patientenseite. Der Leidensdruck wegen der sichtbaren Narbe am Hinterkopf u./o. dem unästhetisch wirkenden Ergebnis der Haartransplantation auf dem Vorderkopf als quasi Einrahmung des Gesichts ist entsprechend,  je länger man mit dem „Ergebnis“ leben muss, enorm und aus meiner Erfahrung als Anwalt sehr, sehr groß bei den Betroffenen. Häufig gehen diese Entstellungen je nach Verfassung des Einzelnen nicht selten mit psychischen Belastungen einher, die sich auf das gesamte Leben – privat, wie beruflich – ausstrahlen.

Damit verbindet sich die Frage, wann ich als Patient berechtigter Weise Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld habe gegen die Klinik, bei der der misslungene oder gar entstellende Ersteingriff vorgenommen worden ist. Also kurz gesagt, wann ich entschädigt werden kann.

 

Ansprüche auf Schadensersatz meint hierbei nicht nur, die Kosten von notwendigen Revisions-Operationen (die regelmäßig schon deutlich über 10.000,00 EUR liegen), sondern auch die Kosten des Ersteingriffs sowie als sog. immateriellen Schaden das zu zahlende Schmerzensgeld. In der Regel bewegen sich die gestellten Ansprüche deswegen zwischen Beträgen von 25.000,00 – 35.000,00 EUR; im Einzelfall auch deutlich darüber.

Ansprüche können insbesondere hierbei dann geltend gemacht werden, wenn sog. ärztliche Standards unterschritten worden/nicht eingehalten worden sind und damit nach deutschem Recht ein Behandlungsfehler vorliegt.

Auf die Frage von Aufklärungspflichtverletzungen, die im Bereich von Schönheitsoperationen und gerade bei  Haartransplantationen sehr, sehr häufig vorkommen, und deretwegen man ebenfalls und gerade Schadensersatzansprüche stellen kann, soll im Rahmen dieses Artikels nicht eingegangen werden.  

Sondern dieses Thema soll einem gesonderten Artikel auf Grund der Bedeutung der von der Klinik geschuldeten Aufklärung vorbehalten und gewidmet sein.

Ob ein Behandlungsfehler vorliegt, bestimmt sich jedenfalls wie gesagt danach, ob sogenannte ärztliche Standards unterschritten/nicht eingehalten worden sind.

Was ärztlicher Standard ist, richtet sich wiederum nach st. Rechtsprechung in Deutschland nach

„dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft“ 

(BGH Urteil vom 10.05.1983, VI ZR 270/81; BGH Urteil vom 22.09.1987, VI ZR 238/86; OLG Hamm Urteil vom 06.05.2002, 3 U 31/01).

und ist jetzt – für Fälle ab dem am 26. Februar 2013 in Kraft getretenen Patientenrechtegesetz – sogar gesetzlich normiert (§ 630a Abs. 2 BGB). 

Die Behandlung hat also nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen.

Wobei hier nach allgemeiner Auffassung – was schon dem Begriff Standard immanent ist  -  grds. und ausschließlich ein objektiver Maßstab gilt.

Der behandelnde Arzt kann sich also gerade nicht darauf berufen, dass er auf Grund seiner individuellen Situation wie fehlende Erfahrung/Ausbildung, fehlende Vertrautheit mit dem medizinischen Operationsgerät, fehlende Ausrüstung usw. subjektiv entschuldbar gehandelt hat, also es nicht besser wusste oder konnte.

Geschuldet wird seitens der Klinik/Operateurs damit das, was im Zeitpunkt der Behandlung bekannt ist bzw. bekannt sein musste.

Dabei stellen insbesondere Fachliteratur, Forschungsergebnisse usw. o. aber Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften (national und international) nach der Rechtsprechung einen Wegweiser für den jeweiligen medizinischen (Mindest-)Standard dar, der nicht unterschritten werden darf, also einzuhalten ist.

Bezogen auf Haartransplantationen sind sowohl FUT wie FUE seit mindestens 2005 in Deutschland Standard-Methoden, die nicht unterschritten werden dürfen, etwa durch veraltete Methoden wie z.B. die Mini-Micro-Graft-Methode.

Innerhalb der Standard-Methoden FUE und FUT ist aber wiederum zu differenzieren.

Denn was (Mindest-)Standard ist, also dem Erkenntnisstand der Wissenschaft entspricht, ergibt sich - unabhängig von internationaler Fachliteratur, die die Haarchirurgen in der Regel nur vorhalten - beispielsweise für Deutschland aber schon anhand der für den interessierten Laien einsehbaren Informationen  auf der Hompage des sog. Verbands deutscher Haarchirurgen ( VDHC )  http://www.vdhc.de/   zu „Entnahmetechniken für Haarwurzeln aus dem Haarkranz“ .

Dort heißt es:

„Schlüsselpunkte dabei sind die möglichst gering zu haltende Verletzung der Haarwurzeln bei der Entnahme und die spätere "unsichtbare" Narbenbildung. Beide Techniken (FUE u. FUT) können bei fachgerechter Ausführung und gut beschaffener Haut exzellente Narben liefern, die später kaum oder gar nicht sichtbar sind. „

Des Weiteren heißt es z.B. in Bezug auf FUT (Streifenmethode)

 

 sowie

Es verbleibt eine lineare, wenige mm breite, anfangs noch leicht gerötete Narbe, die durch das Resthaar überkämmt werden kann (Haarlänge mindestens 1 cm, besser 2,5 cm). Die lineare / strichförmige Narbe wird sichtbar, wenn die Haarlänge unter 0,5 cm beträgt und die Resthaare sehr dünn verteilt sind.“

und

„Bei erneuter Haartransplantation kann man die alte Narbe wieder mit entfernen, so dass im Idealfall immer nur eine Narbe verbleibt.“

Das Interessante dabei ist, dass genau dieser Standard - wenn denn schon FUT statt FUE angewendet wird und wurde in den konkreten Fällen -  häufig unterschritten wird, also weder die strichförmige Narbe eingehalten wird, noch die Nahttechnik  so durchgeführt wird, dass im Idealfall später auch durch die Narbe hindurch wieder neue Haare wachsen (Durchwachstechnik), geschweige denn immer nur eine Narbe verbleibt trotz wiederholter FUT-Behandlung.

Bei mit FUT nicht fachgerecht behandelten Patienten findet sich diese strichförmige, quasi kugelschreiberlinienförmige Narbe, die eben nur wenige mm breit sein soll, ganz häufig eben gerade nicht. 

Sondern die Narben reichen sehr oft von Ohr zu Ohr und sind annähernd fingerdick breit.

Auch ist die schon erwähnte Trichophytic-Closure-Technik (auch Durchwachstechnik genannt), „so dass im Idealfall später auch durch die Narbe hindurch wieder neue Haare wachsen“  eben gerade nicht angewandt worden, was häufig damit zusammenhängt, dass der betreffende Operateur diese Methode nicht beherrscht oder salopp formuliert quasi zu faul war, diese anzuwenden.

Auch dass im Idealfall –und das ist der Maßstab – „immer nur eine Narbe verbleibt“, weil die andere schon früher vorhandene Narbe mitentfernt wird bei erneuter Haartransplantation mittels FUT, lässt sich häufig eben gerade nicht feststellen.

Sondern entsprechende Kandidaten, die wiederholt mit der FUT-Methode behandelt worden sind, weisen häufig 2, 3 oder sogar noch mehr Narben am Hinterkopf auf.

Jedenfalls führt all dies dazu, dass der im Rahmen von FUT vom Behandler geschuldete ärztliche Standard unterschritten worden ist und damit ein Behandlungsfehler vorliegt.

Äußerst hilfreich sind für Patienten, die ihre Ansprüche verfolgen wollen - soweit die Nichteinhaltung dieser Standards nicht schon offensichtlich ist und aus den Behandlungsunterlagen ergibt - hierbei auch ein Privatgutachten, das als dies noch einmal bestätigt. Entsprechendes gilt für die unästhetisch gestaltete und unnatürlich wirkende Haarlinie.

Die Kosten hierfür können der Gegenseite gegenüber geltend gemacht werden bzw. werden von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, wenn man hierfür den Medizinischen Dienst der Krankenkasse einschaltet.

Wir bevorzugen allerdings Privatgutachten von bekannten Haarchirurgen.

Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird das vom Gericht beauftragte Sachverständigengutachten, soweit streitige Fragen vorliegen, von der Rechtsschutzversicherung im Übrigen gezahlt.

Wobei hier anzumerken ist, dass die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche von allen Rechtsschutzversicherern problemlos übernommen werden.

 

Autor:

Christoph Bomke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht


BBP Rechtsanwälte Fachanwälte

Der Autor ist Fachanwalt für Medizinrecht und bearbeitet im Medizinrecht ganz überwiegend und bundesweit arzthaftungsrechtliche Mandate.

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