Richtlinien zur Behandlung der Alopecia areata
Im folgenden gegen wir die wichtigsten Regeln wieder, die MacDonald Hull et all in den " Guidelines for the Management of Alopecia Areata " veröffentlichten. Diese sind deshalb besonders interessant, weil eine Bewertung der Therapie enthalten ist.
Die Autoren folgen dabei dem modernen Schema der "evidenzbasierten Medizin", die eine rigide Bewertung der Daten-Quelle beinhaltet.
Priorität der Therapieempfehlung | |
A | Gute Evidenz (Wirksamkeitsbelege) FÜR eine Anwendung |
B | Mittlere Evidenz (Wirksamkeitsbelege) FÜR eine Anwendung |
C | Schlechte Evidenz (Wirksamkeitsbelege) FÜR eine Anwendung |
D | Mittlere Evidenz (Wirksamkeitsbelege) GEGEN eine Anwendung |
E | Gute Evidenz (Wirksamkeitsbelege) GEGEN eine Anwendung |
Qualität der Wirksamkeitsbelege | |
I | Evidenz (Wirksamkeitsbelege) von mindestens 1 randomisierten und kontrollierten Studie |
II | Evidenz (Wirksamkeitsbelege) von mindestens 1 gut designten Studie ohne Randomisierung, einer Kohorten-Studie oder fallbezogenen Studie (bevorzugt mit mehr als 1 Prüfzentrum), aus verschiedenen aufeinanderfolgenden Studien, oder aus besonderen Ergebnissen von Einzelfällen |
III | Evidenz (Wirksamkeitsbelege) von Gutachten anerkannter Behörden/Organe, basierend auf klinischer Erfahrung, beschreibenden Studien oder Berichten von Experten-Gremien |
Tabelle modifiziert nach Bentley, et al., CID 2000;31:648 (September) and beruht auf Gross, Barrett, Delinger, et al., Purpose of Quality Standards for Infectious Diseases. CIin. Infect. Dis. 1994
Allgemeines zur Behandlung
Es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, die Haarwachstum generieren können, die aber den Verlauf derErkankung ansich nicht verändern. Die hohe Zahl der spontanen Heilungen macht eine Bewertung der Erfolge schwierig. Generell ist bei schweren Fällen die Erfolgschance deutlich geringer als bei leichten Fällen. Die Belastung durch die Behandlung ist also abzuwägen gegen die Erfolgsaussichten und die Hoffnung auf eine spontane Remission (Verbesserung/Heilung).
Option: Keine Behandlung
Aufgrund der hohen Rate an spontanen Heilungen ist dies eine legitime Möglichkeit. Allerdings dauert es in der Regel länger als 3 Monate, bis die Haare wieder wachsen.
Auch im Fall der schweren Formen ist "nichts tun" eine Option, weil hier die Aussichten einer Behandlung schlecht sind.
Kortikoide
Äußerliche Kortikoide
Therapie-Empfehlung "C", Evidenzbelege "III"
Starke Kortikoide werden breit angewendet, allerdings sind die klinischen Belege noch unzureichend. Die Autoren zitieren eine Studie mit 70 Patienten, die gegen Placebo keine signifikante Besserung zeigte. Allerdings haben wir vor kurzem auch eine Studie veröffentlicht, bei der ein Dexamathason-Schaum deutlich bessere Wirkungen zeigt (siehe Dexamethason-Schaum) Eine Anwendung bei Alopecia totalis ist nicht sinnvoll.
Lokal inijzierte Kortikoide
Therapie-Empfehlung "B", Evidenzbelege "III"
Kortikoide mit einer Depotwirkung, die in die Haut an den betroffenen Stellen injiziert werden, können Haarwachstum auslösen. Die Autoren zitieren verschiedene Studien, in denen ca. bei 60-95 % der betroffenen Stellen bzw Patienten Erfolge eintraten, die auch über 9 Monate andauerten.
Der Effekt ist auf einen Kreis von etwa 0,5 cm beschränkt, wenn 0,05-0,1 ml eingebracht werden. Es gibt verschiedene Techniken, wie z.B. auch nadellose Applikatoren, mit denen die nötige Anzahl von Injektionen durchgeführt werden kann.
Nebenwirkungen sind Hautatrophie und das Risiko von Katarakten und erhöhtem Augendinnendruck, wenn die Anwendung in der Nähe der Augen erfolgt.
Systemisch angewendete Kortikoide
Therapie-Empfehlung "C", Evidenzbelege "III"
Auch mit oral angewendeten Kortikoiden läßt sich Haarwuchs erzeugen. Allerdings erzwingen die Risiken der Anwendung besondere Vorsicht. Es gibt auch die Anwendung in "pulsierter" Form (hohe Dosis in wenigen Anwendungen), um die möglichen negativen Konsequenzen für den Körper zu minimieren. Es lassen sich Erfolgsraten von 60 % erreichen, auch sind bei gepulster Anwendungen keine Nebenwirkungen in den Studien aufgetreten. Einer generellen Anwendung stehen die Autoren aber kritisch gegenüber.
Kontakt - Immuntherapie
Therapie-Empfehlung "B", Evidenzbelege "II"
Diese Therapieform wurde 1976 eingeführt, und umfaßt Stoffe wie Quadratsäure (SADBE) und Diphenylcyclopropenon (DPCP).
Die Idee ist es, die Kopfhaut gegen die Mittel zu sensibilisieren, so daß nach erneuter Anwendung eine Immunantwort erfolgt. Die Immunreaktion führt bei 50-60 der Patienten zu einem Haarwuchs, allerdings schwanken die Werte in den Studien zwischen 9 - 87 %. Auch hier ist bei Alopecia universalis das Ergebnis deutlich schlechter.
Die Anwendung erfordert besondere Sicherheitsmaßnahmen, um eine unnötige Sensibilisierung von Personal oder Angehörigen zu vermeiden. Eine Anwendung wird daher nur in spezialisierten Zentren erfolgen.
Die häufigste Nebenwirkung ist eine Dermatitis, langfrisitge Nebenwirkungen wurden aber nicht berichtet.
Phototherapie - Psoralen + UV-A
Therapie-Empfehlung "C", Evidenzbelege "III"
Es gibt widersprüchliche Ergebnisse in den Studien, außerdem besteht ein gewisses Risiko durch die UV-Strahlen, zumal eine andauernde Beleuchtung nötig ist.
Minoxidil
Therapie-Empfehlung "C", Evidenzbelege "IV"
Auch gibt es widersprüchliche Ergebnisse in verschiedenen kleineren Studien.
Dithranol
Therapie-Empfehlung "C", Evidenzbelege "IV"
Dieser Stoff aus der Psoriasis-Therapie besitzt ebenfalls hautreizende Eigenschaften. Neben den eher mageren Studienergebnissen stehen auch hier Anwendungsprobleme einer breiteren Nutzung entgegen.
Ciclosporin
Therapie-Empfehlung "D", Evidenzbelege "III"
Dieses immunsuppressive Medikament zeigte in Einzelfällen Erfolge, was durch das Wirkprinzip auch nachvollziehbar ist. Allerdings stehen gravierende Nebenwirkungen einer breiteren Testung und Anwednung entgegen.
Weitere
Die Autoren führen noch die Aromatherapie auf, monieren aber, dass es bisher nur eine randomisierte Doppelblindstudie gibt.
Quelle: S.P. MacDonald Hull, M.L. Wood, M. Sladden, A.G. Messenger: Guidelines for the Management of Alopecia Areata. In: British Journal of Dermatology 149 (4), 692-699 (2003).